In den nachfolgenden Ausführungen möchten wir Ihnen einen kurzen Überblick über das Zwangsvollstreckungsrecht geben. Diese Informationen können eine fachliche Beratung nicht ersetzen. Wir empfehlen Ihnen daher, einen anwaltlichen Rat einzuholen, der die konkreten Umstände des Einzelfalles berücksichtigt. Gerne stehen wir Ihnen mit Rat und Tat zu Seite.
Die Zwangsvollstreckung §§ 704 ff. ZPO
Hat der Gläubiger einen rechtskräftigen Titel erwirkt, kann die Zwangsvollstreckung betrieben werden.
Vollstreckungsfähige Titel sind insbesondere ein Urteil, ein Kostenfestsetzungsbeschluss, ein Vollstreckungsbescheid oder ein notarielles Schuldanerkenntnis, in der der Schuldner sich der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat. Aus einem solchen Titel kann dann 30 Jahre vollstreckt werden.
Das Zwangsvollstreckungsrecht (§§ 704 ff. ZPO) unterscheidet zunächst Vollstreckungsmaßnahmen wegen Geldforderungen in das bewegliche und das unbewegliche Vermögen, in Forderungen sowie Vollstreckungsmahnahmen zur Vornahme bzw. dem Unterlassen von Handlungen.
Die Zwangsvollstreckung in das bewegliche Vermögen (Bargeld, Wertgegenstände,…) erfolgt durch Pfändung, die vom zuständigen Gerichtsvollzieher vorgenommen wird. Hierzu wird ein entsprechender Antrag beim Vollstreckungsgericht (Gerichtsvollzieherberteilungsstelle) gestellt. Das Vollstreckungsgericht ist das für den Wohnsitz des Schuldners zuständige Amtsgericht.
Gepfändetes Geld ist dem Gläubiger abzuliefern. Andere gepfändete Sachen sind vom Gerichtsvollzieher öffentlich zu versteigern; der Erlös ist alsdann an den Gläubiger abzuführen.
Der Schuldner kann jedoch der Pfändung von z.B. Hausratsgegenständen widersprechen, wenn die Zwangsvollstreckung eine besondere Härte bedeuten würde. Gewisse Sachen sind von der Pfändung ausgenommen. Widerspricht der Schuldner der Durchsuchung seiner Wohnung, muss ein Durchsuchungsbeschluss vom Gericht eingeholt werden.
Fällt die Vollstreckung fruchtlos aus, d.h. der Gerichtsvollzieher konnte kein Bargeld oder andere Gegenstände pfänden, besteht die Möglichkeit, den Schuldner zur Abgabe einer Vermögensauskunft (§§ 802 ff. ZPO) zu zwingen (ggf. durch einen vom Gericht zu erlassenden Haftbefehl), in welcher detaillierte Auskünfte über vorhanden Vermögenswerte zu machen sind. Die Vermögensauskunft wurde bis 01.01.2013 noch als eidesstattliche Versicherung (bis 1970 war die offizielle Bezeichnung „Offenbarungseid“) bezeichnet. Die Richtigkeit der in der Vermögensauskunft gemachten Angaben sind an Eides statt zu versichern. Die Abgabe einer falschen eidesstattlichen Versicherung ist strafbar.
Anhand der dortigen Angaben können weitere Vollstreckungsmaßnahmen in Erwägung gezogen werden. Eine solche Vermögensauskunft ist für die Dauer von zwei Jahren (vor dem 01.01.2013 noch für drei Jahre) gültig, so dass eine Antrag auf Abgabe einer neuen Vermögensauskunft vor Ablauf dieses Zeitraums nur bei konkreten Anhaltspunkten über eine Änderung der finanziellen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Schuldners möglich ist.
Die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen (Grundstücke, Eigentumswohnungen) erfolgt durch Eintragung einer Sicherungshypothek, Zwangsverwaltung oder gar der Zwangsversteigerung.
Die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen in Forderungen und andere Vermögensrechte (z.B. Lohnpfändung, Kontopfändung, etc.) erfolgt direkt durch das Vollstreckungsgericht. Durch einen entsprechenden Beschluss kann das Amtsgericht eine Forderung des Schuldners Dritten gegenüber pfänden. Die gepfändete Forderung ist dann dem Gläubiger zur Einziehung zu überweisen (sog. Pfändungs- und Überweisungsbeschluss). Bei der Überweisung handelt es sich um eine besondere Form der Übertragung des gepfändeten Rechts. Der Gläubiger muss dann den Schuldner der gepfändeten Forderung, also z.B. den Arbeitgeber oder die Bank auf Zahlung in Anspruch nehmen und notfalls auch verklagen (sog. Drittschuldnerklage). Hierbei ist jedoch zu beachten, dass gewisse Pfändungsgrenzen bestehen, die sich aus dem Gesetz und sog. Pfändungstabellen ergeben, die z.B. die Unterhaltsverpflichtungen gegenüber dem Ehegatten oder Kindern berücksichtigen. Wird ein Bankguthaben gepfändet, bestehen ebenfalls Schutzvorschriften zugunsten des Schuldners, damit er nicht völlig mittellos wird. Seit dem Jahre 2010 besteht die Möglichkeit ein sog. Pfändungsschutzkonto zu führen, welches dem Kontoinhaber ermöglicht, während einer Kontopfändung über den unpfändbaren Teil der Einkünfte zu verfügen und so weiter am Wirtschaftsleben teilzunehmen. Vor Einführung dieses sog. P-Kontos im Jahre 2010, führte die Pfändung eines Girokontos zur kompletten Blockade mit der Folge, dass der Kontoinhaber keinerlei Verfügungen mehr vornehmen konnte.
Die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner kann auch auf Vornahme einer Handlung erfolgen. Das Gesetz unterscheidet hierbei sog. vertretbare und nicht vertretbare (persönliche) Handlungen.
Die Vollstreckung wegen einer sog. vertretbaren Handlung, z.B. auf Vornahme von Schönheitsreparaturen, erfolgt in der Weise, dass sich der Gläubiger von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges ermächtigen lässt, auf Kosten des Schuldners die geschuldeten Handlungen vornehmen zu lassen. Der Gläubiger kann sogleich beantragen, den Schuldner zur Übernahme der Kosten zu verurteilen, die durch die Vornahme der Handlung voraussichtlich entstehen werden, z.B. anhand von Kostenvoranschlägen.
Die Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe beweglicher Sachen (z.B. der Schuldner schuldet die Rückgabe eines Fahrzeugs) erfolgt in der Weise, dass der Gerichtsvollzieher die Sache dem Schuldner wegnimmt und dem Gläubiger übergibt.
Die Herausgabe einer Wohnung nach einem Räumungsurteil erfolgt in der Weise, dass der Gerichtsvollzieher den Schuldner aus dem Besitz setzt und den Gläubiger in den Besitz einweist.
Die Vornahme von nicht vertretbaren Handlungen, z.B. soll der Schuldner Auskunft über einen ihm zugefallenen Nachlass erteilen, erfolgt in der Weise, dass das Prozessgericht den Schuldner zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld und u.U. auch Zwangshaft anhält, die geschuldete Handlung vorzunehmen.
Die Erzwingung von Unterlassungsansprüchen, z.B. auf Unterlassung ruhestörenden Lärms in der Mietwohnung erfolgt dadurch, dass der Schuldner wegen einer jeden Zuwiderhandlung auf Antrag des Gläubigers vor dem Prozessgericht zu einem Ordnungsgeld, notfalls auch Ordnungshaft verurteilt wird. Dies soll den Schuldner anhalten, weitere Belästigungen in Zukunft zu unterlassen.
Soll der Schuldner eine Willenserklärung abgeben, z.B. einer Mieterhöhung zustimmen, so erfolgt die Vollstreckung in der Weise, dass die Erklärung mit der Rechtskraft des Urteils als abgegeben gilt.
Möglichkeiten der Abwehr von Vollstreckungsmaßnahmen:
Es kommt auch immer wieder vor, dass die Zwangsvollstreckung rechtswidrig war (z.B. die Forderung wurde bereits gezahlt, der vom Gerichtsvollzieher gepfändete Gegenstand war nicht Eigentum des Schuldners, etc. ). Das Gesetz gibt dem Schuldner verschiedene Möglichkeiten, den Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zu widersprechen.
Gegen die Art und Weise der Vollstreckungsmaßnahmen kann der Vollstreckungsschuldner beim Vollstreckungsgericht die Erinnerung gem. § 766 ZPO eingelegen.
Will der Schuldner geltend machen, dass neue Einwendungen entstanden sind, die den Anspruch selbst betreffen, kann er diese Einwendungen im Wege der Vollstreckungsgegenklage bzw. Vollstreckungsabwehrklage geltend machen.
Die Drittwiderspruchsklage gem. § 771 ZPO kann von Personen erhoben werden, die ein eigenes Recht (z.B. das Eigentum) an einem beim Vollstreckungsschuldner gepfändeten Gegenstand haben.